Leitideen des Projekts "Haus der Geschichte"
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1. Die Geschichte Österreichs beginnt nicht 1945, aber auch nicht 1918.
Um die heutige Situation des Landes und die Beziehungen Österreichs zu seinen
Nachbarn in Europa zu verstehen, muss man zumindest ins 19. Jahrhundert zurückgehen.
2. Die bürgerliche Revolution des Jahres 1848, die ganz Europa erfasst hatte, sollte zum
Ausgangspunkt für die Darstellung der neueren österreichischen Geschichte genommen werden.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts formierten sich alle jene politischen, gesellschaftlichen
und kulturellen Bewegungen, die die Geschichte des Landes bis weit hinein in das
20. Jahrhundert bestimmen. Staatsrechtlich geht Österreich bereits auf das Jahr 1804 zurück.
3. Der Entstehung österreichischer Identität - im Spannungsfeld zwischen dem damaligen
Deutschen Reich und den nichtdeutschsprachigen Völkern der Monarchie - ist ein besonderer
Stellenwert einzuräumen.
4. Die Rolle der Juden im Prozess der ökonomischen und kulturellen Modernisierung der
Monarchie sowie die Entstehung des "modernen" Antisemitismus soll nicht nur in spezialisierten
Institutionen behandelt, sondern muss in die Darstellung der österreichischen Geschichte
integriert werden.
5. In gleicher Weise ist die Zeit der NS-Herrschaft in Österreich in das "Haus der Geschichte"
zu integrieren. Zu zeigen ist, wie viele und welche Opfer das Hitler-Regime in Österreich zur Folge
hatte, wie viele Österreicher im aktiven Widerstand gegen Hitler kämpften und wie viele dabei ihr
Leben verloren. Zu zeigen ist in gleicher Weise, wie hoch der Anteil der Österreicher an den
Tätern - Mitgliedern der SS, Lagerkommandanten, Kriegsverbrechern - war.
6. Die Erste und Zweite Republik sind mit allen ihren Widersprüchen, mit den
positiven wie
negativen Aspekten, darzustellen.
7. Wo wissenschaftliche Forschung und öffentliches Bewusstsein noch keinen Konsenserreicht
haben, wo es offene Fragen und Kontroversen gibt, sind diese offen zu dokumentieren.
Ein "Haus der Geschichte" kann Konsens nicht vorspiegeln, wo Dissens herrscht.
Das Bekenntnis, Fragen noch nicht geklärt zu haben, zählt zu den Fundamenten einer
wissenschaftlichen Institution.
8. Das "Haus der Geschichte" versteht sich selbst nicht als Forschungsinstitut, sondern will mit
allen bereits existierenden Forschungsinstituten für Zeitgeschichte, Wirtschafts- und Sozialgeschichte,
sowie Kulturgeschichte und Kulturstudien zusammenarbeiten, wobei unter Ausnützung der modernen
Technologien die Vernetzung sämtlicher zeitgeschichtlicher Forschungsstätten, auf universitärem Boden,
aber auch außerhalb der Universitäten angestrebt wird.
9. Das "Haus der Geschichte" versteht sich als ein Museum modernen Stils, das nach den
Grundsätzen
moderner Museumspädagogik zu führen ist. Neben einer Dauerausstellung zur österreichischen Geschichte
veranstaltet es Sonderausstellungen zu aktuellen Schwerpunkten historischer Forschung, Symposien
zu kontroversiellen Themen und erteilt Forschungsaufträge an die vorhandenen Forschungsinstitute.
10. Die Trägerschaft übernimmt eine Stiftung, in der die politischen Institutionen und gesellschaftlichen
Gruppen (Bund, Länder, Verbände und Religionsgemeinschaften) vertreten sind. Öffentliche und
private Mittel sollen zu gleichen Teilen in die Stiftung eingebracht werden.
11. Die wissenschaftliche Verantwortung liegt in den Händen eines wissenschaftlichen Beirates,
in dem die zeitgeschichtlichen Ordinarien aller österreichischen Universitäten vertreten sind.
12. Die Leitung des "Hauses der Geschichte" obliegt einem fachlich ausgewiesenen Experten der
österreichischen Geschichte, der zusätzlich Managerausbildung und einschlägige Erfahrung aufzuweisen hat.
Der Posten ist international auszuschreiben.
21.03.2003 Trautl Brandstaller/Peter Diem
Vgl.: Regierungsprogramm und Regierungserklärung 2003-2006
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