Die Schlagwörter "virtuell" und "Vernetzung"                                               Startseite

Immer wieder tauchen bei Stellungnahmen zum Thema HGÖ die Begriffe "virtuell" und "Vernetzung" auf. 
Allerdings unterlassen es die Autoren/Autorinnen dabei meist, diese Begriffe zu definieren. Hiezu einige Anmerkungen:

--> Mit Stand Ende 2002 verwenden genau 50% der Österreicher ab 14 das Internet zumindest 
     gelegentlich. Jugendliche und Studenten sind zu 80 bis über 90 Prozent vernetzt. "Virtuelle" 
     (Zeit)geschichte ist schon jetzt jedem Interessierten zugänglich und besitzt daher kaum Neuigkeitswert.

--> Zeitgeschichtliche Internet-Angebote gibt es bereits in großer Zahl, etwa das Österreich-Lexikon "aeiou.at", 
     Sites wie Österreichische Mediathek,  http://www.shoa.de oder die Sites des "Museum of Tolerance"

--> "Vernetzt" ist jeder Internet-User mit jedem und jeder Wissenschaftler mit jedem, wie sich auch aus unserer 
     diesbezüglichen Übersicht ergibt. "Vernetzung" bedeutet somit im Grunde nicht mehr als "Zusammenarbeit";
     eine wichtige Funktion eines "Hauses der Geschichte" wäre es jedoch, "Clearingstelle" zu sein (Karner, 460)   
  
--> "Die Geschichte virtuell darzustellen" könnte zunächst heißen, die digitalen Angebote, die es bereits gibt, zu 
      verbessern, sie "lebendiger" zu gestalten. Damit würde zwar das "Einzelstudium" etwas lustvoller werden, eine 
      wirkliche Breitenwirkung darf man sich davon aber nicht versprechen. Einige Beispiele sollen das demonstrieren:

  1. Die Rennervilla in Gloggnitz ermöglicht dem Besucher eine alle Sinne ansprechende "Zeitreise"
      von der Monarchie bis zur EU. In der Internet-Version dieser Zeitreise liest man übrigens den Satz: 

            "1999 wurde die von Siegfried Nasko und Gotthard Fellerer gestaltete multimediale Schau eröffnet, 
                 durchaus  bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass es die Republik Österreich bis heute nicht 
                 zustandegebracht hat, ein "Haus der Geschichte Österreichs" in der Bundeshauptstadt zu installieren."

  2. Die Uni Linz bietet eine  virtuelle Geschichte der Sozialdemokratie in Oberösterreich 
  3. Ein gut gestaltetes Beispiel ist die virtuelle Tour durch das Haus der Geschichte Bonn
  4. Virtuelle Rundgänge durch den Louvre und das Heinz Nixdorf-Museum      vgl. auch:
Museum Online
  5. Ein gutes Beispiel für den Prozess der Museumsvernetzung ist das Grazer Projekt "Domenico dell' Allio"
  6. Das Bemühen um Objektivität zeigt die hervorragende virtuelle Präsentation des Feld-Museums Ypern

  "Virtuelle" Zeitgeschichte, d.h. deren Darstellung via PC, Video oder Film sowie der Einsatz von 
       Holographie und virtueller Realität im Museum, kann immer nur Ergänzung, nicht aber Ersatz 
       für das (gemeinschaftliche) Nacherleben von Geschichte an Hand authentischer Objekte
       oder sinnlich erfassbarer Inszenierungen sein (Weidacher, 478). "Reale" Objekte (selbst Replikate) 
       entfalten durch die ihnen eigene "Aura" und die Möglichkeit, sie in einen gesellschaftlichen 
       Zusammenhang zu stellen ("Kontextualisierung") eine besondere Wirkung. Man denke nur an 
       Inszenierungen, die - ausgehend von der Couch, auf der Dollfuß verblutete - den Kampf gegen den 
       Nationalsozialismus, genau so aber auch den Verrat des Kanzlers an der parlamentarischen 
       Demokratie darstellen
könnten (Fuchs, 23). Zur Zeit ist das Möbel samt blutgetränktem 
       Stoffrest in einer Vitrine des Heeresgeschichtlichen Museums zu einer bloßen Reliquie erstarrt.

                                                                                                                                                   
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