Standard, 31.10.2005

„Es wird nie ein Haus der Geschichte kommen“

Leon Zelman über Epstein-Lösung verärgert

Wien - Dem alten Herrn sind die Tränen gekommen, als er vergangenen Montag zur Er­öffnung des Palais Epstein ge­kommen ist - es waren aber nicht nur Tränen der Rührung über die sorgsame Renovie­rung, sondern vor al­lem des Ärgers. Der Leiter des Jewish Welcome Service, Leon Zelman, zum Standard: „Ich hatte geträumt, dass es ein Schild geben wird: ,Palais Epstein -  Haus der Geschich­te'. Und was lese ich auf der Einladung? ‚Dependance des Parlaments’ ist da gestanden."Das sei zu wenig - und es widerspreche auch dem, was ihm Vertreter des Parlaments seit Jahren zugesagt hatten. Zelman hatte sich ja ursprüng­lich dafür eingesetzt, dass das im Auftrag des Bankiers Gus­tav Epstein in den Jahren 1868 bis 1871 von Theophil Hansen errichtete Palais als ein Haus der Geschichte und der Tole­ranz genutzt wird. Hier sollten schwerpunkt­mäßig auch der jüdische Bei­trag zur österreichischen Kul­tur und die Verluste durch die Ermordung der Juden belegt werden. Im Nationalrat wurde dann aber beschlossen, das Palais als Büro­gebäude für das Par­lament zu adaptie­ren - allerdings mit einem Ausstellungszentrum, das am 7. November eröff­net werden soll.Ein vollwertiger Ersatz für das ursprüngliche Vorhaben sei diese Visitenkarten­funktion nicht, betont Zelman, aber: „Es wird nie ein Haus der Geschichte kommen, darauf einigen sich die Partei­en ja doch nicht." Dem Natio­nalratspräsidenten Andreas Khol will er besonders auf die Finger schauen: „Der ist mir zu süß - er umarmt mich erst, und dann nennt er das Epstein eine ,Dependance’“ (cs)