Haus des Proporzes

Wenn die Regierung dem Dialog mit der Wissenschaft aus dem Weg geht, ist das "Haus der Geschichte der Republik" von vornherein hoffnungslos veraltet - von Barbara Tóth 

  Zuerst war es das "Haus der Geschichte", ein Begriff, den der Leiter des Jewish Welcome Service, Leon Zelman, geprägt hat. Dann wurde es von Wolfgang Schüssel zum "Haus der Geschichte der Republik" ernannt, inzwischen verdient das Projekt nur mehr einen Namen: "Haus der Proporzgeschichte". 

Nicht anders lassen sich all jene Vorbereitungen interpretieren, die von der ÖVP in den letzten Tagen getroffen wurden, um das neue Museum, wie vom Kanzler angekündigt, noch in dieser Legislaturperiode zu verwirklichen. Da wird in klandestiner Eile ein fünfköpfiger wissenschaftlicher Beirat bestellt, in dem sich kein einziger Vertreter eines zeitgeschichtlichen Universitätsinstituts findet - und nebenbei bemerkt auch keine Frau.

 Dafür ist die Spitze des Weisengremiums - zwei Herren sind ja schon in wohlverdienter Pension - fein säuberlich nach dem längst vergessen gehofften Schwarz-Rot-Schema besetzt. In der muffigen Tradition der Koalitionsgeschichtsschreibung stehen auch die bisher verkündeten inhaltlichen Ansätze: Die zentralen Gedankenjahrausstellungen - "Österreich ist frei" aus der Schallaburg (eher schwarz) und "Das neue Österreich" aus dem Belvedere (eher rot) - sollen den Grundstock des neuen Museumshauses bilden. Ehrlicher wäre es, gleich ein "Haus der ÖVP" und ein "Haus der SPÖ" zu bauen - und sie gleich darauf unter Denkmalschutz zu stellen. 

Denn das, was an den Universitäten als Zeitgeschichte gelehrt wird, ist inzwischen ein gutes Stück weitergekommen. Wenn die Regierung wie schon beim Projekt Gugging dem Dialog mit der Wissenschaft aus dem Weg geht, ist das "Haus der Geschichte der Republik" von vornherein, was ein modernes Museum keinesfalls sein sollte: hoffnungslos veraltet.

(DER STANDARD, Printausgabe, 25./26.3.2006)