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Geschichtsgenius
"Haus
der Geschichte": Neue Wiener Standortvarianten - Inhalte noch offen
Wien - "Ich
glaube nicht, dass der Neubau eines Hauses, auch wenn es ein historisch so
belasteter Platz ist wie der Morzinplatz, tatsächlich das Vernünftigste
ist", erklärte Wiens Bürgermeister Michael Häupl zum jüngsten
Vorstoß, ein "Haus der Geschichte" in Wien zu realisieren.
"Wir sollten uns nach einem Ort umschauen, der den Genius Loci der
neueren Geschichte Wiens trägt", verlangt Häupl.
Dies wäre ein neuer Kompromissvorschlag, zu dem Häupl noch nicht viel
sagen will. Außer: Die Verhandlungen seien im Laufen.
Was den Morzinplatz - dem früheren Standort des Gestapo-Hauptquartieres -
betrifft, ist Häupl einer Meinung mit dem Initiator des Projektes, Leon
Zelman, dem Leiter des Jewish Welcom Service (JWS). Zelman hofft noch,
dass das "Haus der Geschichte" im Palais Epstein realisiert
werden kann. Derzeit wird an den Einreichplänen für den Palaisumbau zur
Parlamentsaußenstelle gearbeitet. Im Herbst könnte Baubeginn sein.
Funkhaus, Parlament
Zuletzt hatte sich
Nationalratspräsident Andreas Khol für die Umsetzung des Projektes auf
dem Morzinplatz stark gemacht. Wie auch der Wiener Restitutionsbeauftragte
Kurt Scholz, der ihn für "den richtigen Standort hält". Eine
Alternative ist inzwischen weggefallen: Auf dem Parkplatz gegenüber dem
ORF-Funkhaus in der Argentinierstraße soll ein Büro- und Wohnhaus
errichtet werden. Weiters waren im Gespräch: ein Teil des
Museumsquartieres, das "20-er Haus" beim Südbahnhof - und sogar
das Parlament selbst. Eva Glawischnig (Grüne) hatte vorgeschlagen, im
Gegenzug einen Parlamentsneubau in der Donau-City vor der UNO-City zu
errichten.
Die vehement geführte Standortdiskussion überdeckt allerdings
gleichzeitig die inhaltliche Diskussion, denn die Vorstellungen, was in
dieses "Haus der Geschichte" hineinkommen sollte, sind
mindestens ebenso vielfältig.
Zelman etwa will einen Ort
der Begegnung, es solle an jene Menschen erinnert werden, die im
Nationalsozialismus vertrieben wurden und später nicht mehr willkommen
waren. Khol will ein Proponentenkomitee aus "Patrioten aus Politik,
Wirtschaft, Kultur und Medien" gründen. Es solle ein Konzept von
Traudl Brandstaller und Peter Diem "fast wörtlich" umgesetzt
werden, es solle Österreichs Geschichte kritisch dargestellt werden; man
wolle auch "nicht die Anhaltelager des Ständestaats" aussparen.
Kurt Scholz: "Das ist
nach dem Pelinka- und dem Karner-Konzept das dritte. Alle klingen für
sich logisch - aber so wird's nicht geh'n. Das eigentliche Ereignis dieses
Hauses wäre genau diese Historikerdiskussion. Im Haus müsste ein
Willensbildungs- und Diskussionsprozess stattfinden, in dem alle
relevanten Institutionen eingebunden werden. Ein Interessanter
Ausgangspunkt dafür wäre sicher der Bericht
der Historikerkommission." (APA, frei)
© DER STANDARD, 18. Februar
2003
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