Seit mehr als einem Jahrzehnt wird über ein österreichisches Zeitgeschichtemuseum diskutiert: Im Sommer 1997 schlug Leon Zelman, mittlerweile verstorbener Leiter des Jewish Welcome Service, vor, das Palais Epstein am Wiener Ring zu einem "Haus der Toleranz" zu machen. Ein Jahr später sprach er erstmals von einem "Haus der Geschichte" (mit Focus auf den Holocaust). Aus diesem wurde mit der Zeit ein "Haus der Geschichte der Republik Österreich".
Was kaum einer weiß: Ein solches gab es bereits. Karl Renner, im Dezember 1945 zum ersten Bundespräsident der Zweiten Republik gewählt, ließ den Amtssitz vom kriegsbeschädigten Bundeskanzleramt in den Leopoldinischen Trakt der Hofburg verlegen. Am 11. November 1946 teilte Kanzler Leopold Figl mit, im zweiten Stock - genau über den Räumen der Präsidentschaftskanzlei - historische Schauräume einrichten zu wollen, für die 1949 der Begriff "Museum der Ersten und Zweiten Republik" geprägt wurde.
Renner bezeichnete das Museum als "seine Lieblingsschöpfung" und nahm an dessen Verwirklichung regen Anteil. Unter anderem wurden bei Max Frey die Darstellung der Ausrufung der Republik Österreich vom Balkon des Niederösterreichischen Landhauses (am 30. Oktober 1918) und bei Carl Witzmann die Gestaltung der Vitrinen in Auftrag gegeben.
Die Realisierung erlebte Renner, der zu Silvester 1950 starb, nicht mehr mit: Erst im Juni 1951 wurde der erste Museumsraum fertiggestellt (und abfotografiert). Theodor Körner, der neue Bundespräsident, erteilte den Auftrag, die Arbeit fortzusetzen. Dessen Nachfolger Adolf Schärf aber war vom Museum, das er im Herbst 1957 besuchte, "nicht eingenommen" : Der Sammlungsaufbau wurde von da an nicht mehr aktiv betrieben; als letztes Objekt inventarisierte man 1963 die Totenmaske der Dichterin Paula von Preradovic.
Die Objekte kamen irgendwann in eine burgenländische Zuckerfabrik - und um die Jahrtausendwende ins Heeresgeschichtliche Museum. Teile des Torsos präsentierten die Historiker Oliver Rathkolb und Richard Hufschmied auf Einladung von Meinhard Rauchensteiner, dem kulturpolitischen Berater von Bundespräsident Heinz Fischer, am Nationalfeiertag (26. Oktober) in der Hofburg - im Rahmen der Eintagesausstellung Mehrfach gewendet. Die Vitrinen haben Stil. Und doch zeigt sich ganz deutlich: Renners Museum ist längst schon museal.