10. November 2008
18:10

 

Haus der Geschichte am Heldenplatz? Pro: Der Kristallisationspunkt

Von Thomas Trenkler

Geschichte mit Dokumenten, Büsten, Historienschinken darzustellen - das ist in der heutigen Welt furchtbar langweilig. Vieles spricht daher für ein virtuelles Haus der Geschichte der Republik. Es bräuchte "nur" eine Bürostruktur, ein Forum für die Wissenschafter. Doch die Staatsmänner wünschen sich eine gebaute Manifestation. Und so hat man sich nicht nur mit inhaltlichen Problemen zu befassen, sondern auch mit der Standortfrage.

Ein Ringstraßenpalais, zu Zeiten der Monarchie errichtet, ist wohl kaum das Symbol, das man sich erhofft. Und die Donauplatte auch nicht: Das Projekt ist ein gesamtösterreichisches, nicht eines der Stadt Wien. Wenn man eine dezentrale Lösung für nicht sinnvoll erachten sollte: Dann ist die "exterritoriale" Hofburg durchaus eine Option.

An ihr wurde seit der Gründung als Festung im 13. Jahrhundert permanent gebaut. Jede Epoche hinterließ Spuren - und auch jedes politische System. Bis heute hat die Hofburg nicht zu wachsen aufgehört. Zuletzt kamen der Dachausbau über den Redoutensälen, die Tiefspeicher der Nationalbibliothek und das Museumsquartier hinzu.

Zudem ist der Heldenplatz der Kristallisationspunkt jüngerer österreichischer Geschichte. Hier starben 2000 Bürger im Revolutionsjahr 1848, hier fanden die Massenkundgebungen der Nationalsozialisten statt. Aber hier sprach auch der Papst seinen Segen (1983), hier winkte Elie Wiesel vom Hitler-Balkon (1992), hier leuchtete das Lichtermeer (1993). Es gibt keinen identitätsstiftenderen Ort. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.11.2008)

http://derstandard.at/?url=/?id=1226250876501 (online am 11. November 2008)