Museen: Elisabeth Gehrer hat kein Verständnis für lautes Klagen: 

"Ich verstehe (Albertina-Chef Klaus-Albrecht) Schröder nicht, wenn er jetzt so jammert", sagt die Bildungsministerin. Immerhin sei die Basisabgeltung für die Albertina von 3,5 auf 5,1 Millionen € erhöht worden. "500.000 € hat er extra für die Eröffnung bekommen, 6,5 Millionen wurden für die Einrichtung beigesteuert. Ich gebe den Museen alles, was ich aus den Budgetmitteln erhalte. Ich behalte nichts für mich selbst zurück, alles wird auf Cent und Euro weitergegeben."
Gehrer zieht Bilanz: "Wir haben seit 1995 270 Millionen € in die Museen investiert, ihnen durch die Ausgliederung völlig neue Chancen gegeben. Nach wie vor werden von uns jährlich 68,749.000 € für die Bundesmuseen ausgegeben. Das ist wahnsinnig viel Geld." Die Museen seien als einzige von der fünfprozentigen Kürzung der Ermessensausgaben ausgenommen. 
Allerdings nur, weil man bei der Gesetzes-Textierung für die Ausgliederung 1998 durchgesetzt hat, dass diese Gelder nicht den Ermessensausgaben, sondern den gesetzlichen Aufgaben zugerechnet werden.

Die Ministerin gibt sich gelassen: "In Österreich jammert man immer prophylaktisch. Jetzt wird eben wieder das eingefahrene Spiel gespielt. 
Die Direktoren verweisen auf die böse Politik. Jetzt müssen die Herren eben einmal ein, zwei Jahre leiser treten." Man habe sich in stundenlangen, 
lähmenden Diskussionen auf die Basisfinanzierung geeinigt, dabei bleibe 
es jetzt einmal. "Für die nächsten eineinhalb, zwei Jahre heißt das, dass es 
nicht so üppig ist. Aber ich bin die erste, die dann, wenn durch eine bessere Konjunktur wieder mehr Geld da ist, für eine bessere Dotierung der Museen eintritt. Ein bisschen empfindlich bin ich aber schon, wenn man erklärt, ich hätte ein Versprechen nicht eingehalten. Ich möchte ausdrücklich festhalten, dass ich die Erhöhung der Basisfinanzierung nie versprochen habe."

Sehnsucht nach zentraler Steuerung

Gehrer zeigt kein Verständnis für die gegenwärtige Museumsdebatte: "Ich verstehe nicht, woher die Sehnsucht nach einer zentralen Steuerung der Museumslandschaft kommt. Von diesen ständigen Analysen der Experten und Journalisten halte ich nichts. Wir wollten mit der Ausgliederung, dass es einen Wettbewerb gibt, und den gibt es jetzt." Es könne dann eben auch vorkommen, dass ein Haus wie das Museum Moderner Kunst nicht so besonders aktiv ist. "Wir werden aber, weil das der Wunsch der Experten und der Journalisten ist, eine Studie zur Evaluierung machen."

Wilfried Seipel, der Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums, reagiert zurückhaltend auf die Härten der Politik: "Das ist kein Anlass zur Panik. Wir werden aber im nächsten Jahr Probleme haben". Eine Studie von Ernest & Young empfahl für die Bundesmuseen eine Erhöhung der Basisabgeltung um 
7,5 Millionen Euro. "Ich finde, dass das eine lächerliche Summe ist, wenn man bedenkt, dass sie den Hütern des österreichischen Kulturerbes bei der Erfüllung ihrer Aufgabe helfen soll". Auch Seipel muss jetzt sparen: "Es ist nicht gut, wie 
es ist, aber wir werden sehen, wie wir aus dem Schlamassel rauskommen. Das Ankaufsbudget müssen wir praktisch auf null stellen  - auch das ist problematisch, denn ein Museum, das seinen Bestand nicht mehrt, ist ein totes Museum. Wir werden Abgänge nicht nachbesetzen. Die Zahl unserer Ausstellungen werden wir reduzieren müssen. Außerdem müssen wird sehen, dass wir durch vermehrte Sponsorengelder einen Ausgleich finden können."

Ähnliche Konsequenzen kündigte der Albertina-Chef an: "Wir werden Personal abbauen und Leistungen einschränken. Bei der Benutzung der Studiensäle werden wir strengere Kriterien anlegen müssen", sagte Schröder. "Auch bei Leihgaben müssen wir restriktiver werden. Der Kosten- und Personalaufwand, Druckgrafik zu verleihen, ist viel höher als bei gerahmten Objekten. Die bittere Konsequenz ist, dass wir aus Klebebänden gar nichts mehr leihen werden". Eine massive Einschränkung: werden doch mehr als 90 Prozent der Albertina-Bestände in Klebebänden verwahrt.

Auch das Programm leidet, allerdings nicht mehr im Eröffnungsjahr: "Die Hauptausstellungen Dürer, Rembrandt, Klee werden nicht betroffen sein. 
Aber wir überlegen, die zeitgenössischen Ausstellungen länger zu zeigen, also 
zu reduzieren". Die neuen Ausstellungshallen will Schröder nicht wieder schließen: "Es wird in der Albertina nie keine Ausstellung zu sehen sein - 
aber es müssen auch die beiden Hallen nicht immer genau parallel bespielt werden." Persönlich nimmt Schröder die Absage von Gehrer nicht: "Es sind Verhandlungen gescheitert, deren Ausgang man offensichtlich anders eingeschätzt hat." Nur in einem Punkt fühlt sich Schröder ungerecht behandelt, "da hat sich Ministerin Gehrer wohl geirrt, aber das kann ja vorkommen. Die letzte Erhöhung des Budgets war 1999, als Oberhuber noch provisorisch agiert hat _ da wurden die Gelder festgelegt, die ich jetzt habe. Jetzt ist das Haus 
aber in vollem Betrieb". Trotz der traurigen Lage, bleibt der Albertina-Direktor gewohnt zielorientiert: "Ich werde es schaffen. Wie heißt es so schön - Nichtraunzerzone".

Zugesperrt wird nicht

Doch das Prinzip "Raunzen" ist in Wien Tradition: Programm des Museums-Chors. Peter Noever, Direktor des Museums für angewandte Kunst: "Es geht bei dieser Diskussion nicht nur um die Museen, sondern auch um die Künstler, die jetzt weniger Aufträge, Ausstellungen bekommen werden. 
Wir haben null Ankaufsbudget." Noever fordert schon seit langem zusätzliche 
2,5 Millionen Euro pro Jahr. "Die Personalkosten sind erheblich!" Doch zugesperrt wird im MAK diesmal nicht. Aber: "Die großen Ausstellungshallen 
sind schon jetzt nicht mehr durchgehend bespielbar. Um große Personalen wie Zaha Hadid vernünftig zu machen, müssen wir irrsinnige Kapriolen schlagen." Dabei hätte Noever durchaus Lösungsvorschläge für die Misere: "Das Geld 
kann ja genau so gut vom Verteidigungs- oder Wirtschaftsministerium kommen. Es wäre ja nicht nur eine Investition in die Kunst, sondern auch in die Wirtschaft. Der Zustand ist blamabel für Österreich! Mit unseren Ankaufsbudgets können 
wir international nicht mitmischen." 

Ziemlich stoisch sieht diesen Zustand Edelbert Köb, Chef des Museums moderner Kunst: "Wir haben uns schon lange darauf eingestellt und uns mit der Realität abgefunden. Es wurde uns immer signalisiert, dass sich nichts ändern wird." Und noch bitterer: "Mit dem jetzigen Ankaufsbudget werden wir eben einen profillosen Saftladen betreiben". 

Enttäuscht ist auch die Herrin des Technischen Museums, Gabriele Zuna-Kratky: "Es wäre wie Weihnachten gewesen." Die Wiedereinrichtung der Schausammlung werde so nur zögerlich weitergehen. "Aber", sagt sie, " wir schreien nicht, sondern sind sparsam". Man rittere nicht um das Kunstpublikum, habe aber "auch schon überlegt, etwas mit Gold zu machen _ das zieht ja immer. Vielleicht ,Goldene Fahrräder'?"

17.04.2003 Quelle: Print-Presse