Stillstand im Haus der Geschichte
Historisches Projekt liegt auf Eis.
Desinteresse der Regierung kritisiert.
Wien. Im Regierungsprogramm steht: "Die Planungen und weiteren Arbeiten
zur Umsetzung des Hauses der Geschichte werden, wie vorgesehen, zügig
weitergeführt." Tatsächlich tut sich wenig in Sachen Schaffung eines
Museums für österreichische Zeitgeschichte. Das kritisiert zumindest
der Historiker Dirk Rupnow, der an jenem Konzept mitgearbeitet hat, das
vor zwei Jahren der Regierung übergeben wurde.
"Es ist schade, dass so etwas in irgendwelchen Regierungs-Schubladen
verschwindet", sagt Rupnow. Zumindest veröffentlich werden sollte das
Konzept, um eine öffentliche Diskussion anzuregen. Allerdings darf
nicht einmal der Historiker, der selbst daran mitgearbeitet hat,
Inhalte öffentlich machen. Er wurde, wie alle anderen Mitarbeiter, zu
Verschwiegenheit verpflichtet.
Dass nichts weitergeht, dafür machen Rupnow und Heidemarie Uhl von der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften die aktuelle
Bundesregierung verantwortlich. "Es gibt derzeit keinen politischen
Willen dafür", sagt Uhl und Rupnow ergänzt: "Schüssel und Gusenbauer
hat’s interessiert. Für Pröll und Faymann ist das kein Thema."
Lieber keine Diskussion
Während in anderen Ländern historische Museen entstünden und dort als
"Debatten-Generator" fungierten, werde in Österreich eine
zeitgeschichtliche Debatte gescheut, so Uhl. Das liegt unter anderem
auch daran, dass es über die Darstellung und Bewertung etwa der Zeit
des Ständestaates nach wie vor sehr unterschiedliche Ansichten zwischen
den Parteien gibt.
Ursprünglich hätte das Haus der Geschichte zum 100-jährigen
Republiksjubiläum 2018 eröffnet werden sollen. Das wird sich nicht mehr
ausgehen. Mit dem Buch "Zeitgeschichte ausstellen in Österreich", das
am 7. April in Wien und eine Woche später in Innsbruck vorgestellt
wird, wollen Rupnow und Uhl die verebbte Diskussion wieder in Gang
bringen.
Wiener Zeitung, Printausgabe vom Donnerstag, 31. März 2011