Die
Initiatoren der Staatsvertragsschau im Belvedere wollen ihre
Ausstellung als Grundstock
für ein „Haus der Geschichte"
verwenden. Kostenpunkt: rund 30
Millionen Euro.
Barbara
Tóth
Wien - Hannes
Androsch ist derzeit als Handelsreisender in Sachen Geschichte unterwegs:
Viele Termine mit wichtigen politischen Persönlichkeiten - allen voran Bundespräsident
Heinz Fischer,
Nationalratspräsident Andreas Khol, Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, Wiens Bürgermeister
Michael Häupl und Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll - hat der
Mitinitiator der großen Staatsvertragsschau im Belvedere für die nächsten
Wochen eingeplant.
Sein Anliegen: die am Sonntag nach Verlängerung beendete Jubiläumsjahr-Ausstellung soll als Grundstock für ein österreichisches „Haus der Geschichte" weiter verwendet werden. „Wir müssen den Schwung mitnehmen und das Momentum ausnützen", argumentiert Androsch.
Bildunterschrift:
Ausrangiert: Der „Staatsvertrag-Balkon", Herzstück des
25-Peaces-Gedankenjahr-Projekts, hat am St. Marxer Schlachthof in Wien-Erdberg
einen neuen Platz gefunden. Foto: Fischer
Mit Schwung meint
er den Publikumserfolg der Ausstellung. Insgesamt 310.000 Menschen besuchten die
Schau mit dem programmatischen Titel „Das neue Osterreich". 1.424
Schulklassen sind durch den von einem rot-weiß-roten Band verbundenen Rundgang
vom Ersten Weltkrieg bis zum neuen Europa geführt worden.
History
sells
Damit gehört die
Ausstellung zu den größten Magneten des Jubiläumsjahres 2005. Zum Vergleich:
Die JubeljahrAusstellung auf der Schallaburg in Niederösterreich - die
durchaus in Konkurrenz zu jener im Belvedere stand - sahen beachtliche 260.000
Menschen. Hugo Portischs TV-Dokumentation „Die Zweite Republik - Eine
unglaubliche Geschichte" war ein Quotenschlager mit 4,5 Millionen Zusehern.
Geht es nach Androsch, soll nicht nur die
Belvedere-Ausstellung, sondern auch die anderen Jubiläumsjahrschauen wie jene
auf der Schallaburg oder im Jüdischen Museum in Wien in ein neues
„Haus der Geschichte" integriert werden. Mehrere Standorte kämen dafür
infrage: etwa das Heeresgeschichtliche Museum im Wiener Arsenal, die ehemalige
Staatsdruckerei in der Wollzeile oder das dafür auszubauende Künstlerhaus am
Wiener Karlsplatz. Auch ein Neubau auf dem städtebaulichen Entwicklungsareal
zwischen Arsenal und Belvedere neben dem Südbahnhof wäre möglich.
Dann würden die
Kosten - Androsch schätzt sie auf rund 20 bis 30 Millionen Euro für die
Adaptierung eines bestehendes Hauses - allerdings auf 40 Millionen Euro
explodieren. Auch Herbert Krejci, Ex-Chef der Industriellen-Vereinigung und
Mitinitiator, ortet ein „riesiges, geradezu unbegrenztes Interesse an
Zeitgeschichte". Deshalb sollte die Ausstellung nicht das letzte derartige
Projekt sein.
Die Schaustücke der Belvedere-Ausstellung werden fürs erste einmal zwischengelagert: Das Bundesheer übersiedelt sie in den kommenden Tagen in ein Lager ins Wiener Arsenal.
„Es wurde ein Kompromiss"
Die Presse 13.12. 2005
„Das neue Österreich"
ging zu Ende. Seine Proponenten jubeln.
40 Prozent mehr
Besucher für die österreichische Galerie Belvedere - die Veranstalter der
Staatsvertrags-Schau „Das neue Österreich" waren am Montag sehr
zufrieden mit der Bilanz, mit 310.000 Besuchern seit
16. Mai. Mit Wehmut, so Direktor Gerbert Frodl, verabschiedeten sich die Väter
der Idee, Hannes Androsch, Herbert Krejci und Peter Weiser, sowie Staatssekretär
Franz Morak und Günter Düriegl (wissenschaftliche Leitung) von der Schau, die
die Geschichte der Zweiten Republik ungeschönt, aber doch mit Stolz präsentieren
sollte. Viele der Exponate werden im Arsenal gelagert, man hofft auf
Weiterverwertung, vielleicht in einem Haus der Geschichte. Die hämische
Skepsis, mit der ein Auslandskorrespondent auf das Projekt reagierte, habe sich
nicht bewahrheitet, sagte Androsch. Fs sei keine Jubel-Schau geworden, die
Zusammenarbeit mit dem Büro Morak sei erstaunlich gut gewesen. Aus
Notwendigkeit habe man sich bei der Auswahl stark beschränken müssen. „Trotz
gelegentlicher Spannungen haben alle an einem Strang gezogen. Es ist ein
Kompromiss geworden. Man kann Vergangenheit nicht bewältigen, nur
verstehen." Krejci schwärmte von der Zeit des Aufbaus, vom riesigen
Interesse an Zeitgeschichte. Einhellig verteidigt wurde die Ablehnung einer
Broschüre für Schüler, die nach Intervention der Proponenten nicht in Umlauf
gekommen war. Es habe darin mindestens „20 Fehler von angeblichen
Historikern" gegeben, sagte Weiser. Androsch: „Wir hätten die Broschüre
den Autoren geschenkt, sie wollten sie aber nicht." norb
Haus
der Geschichte - Schüssel: Anbindung an HGM denkbar
Apa 13.12.05
Utl.: Bundeskanzler gegen Neubau
- Heeresgeschichtliches Museum "verdient einen anderen Namen"
Wien (APA) - Bundeskanzler
Wolfgang Schüssel (V) hat den Vorschlag des Industriellen Hannes Androsch, die
verschiedenen Ausstellungen zum Jubiläumsjahr in einem "Haus der
Geschichte" weiterzuführen, begrüßt. Einen Neubau müsse es dafür aber
nicht unbedingt geben, sagte Schüssel am Dienstag nach dem Ministerrat. Er würde
eine Anbindung an ein bereits bestehendes Museum begrüßen - etwa an das
Heeresgeschichtliche Museum, "das sowieso einen anderen Namen
verdient".
Möglich wäre für den
Bundeskanzler auch eine Anbindung an das Staatsarchiv oder an die
Nationalbibliothek. Dass das Heeresgeschichtliche Museum die
Staatsvertrags-Ausstellung im Belvedere jetzt sichere, sei "sinnvoll".
Man solle aber nicht schon jetzt über einen Neubau und andere
"Folgeschritte" reden, meinte der Kanzler, der im übrigen die Idee,
ein "Haus der Geschichte" einzurichten für sich selbst reklamierte:
Er selbst habe das schon "sehr früh" vorgeschlagen (bei seiner
Regierungserklärung 2000).
Androsch hatte am Montag
vorgeschlagen, die Staatsvertrags-Ausstellung im Belvedere sowie ähnliche
Ausstellungen auf der niederösterreichischen Schallaburg und im Jüdischen
Museum in einem "Haus der Geschichte" zusammenzuführen. Als mögliche
Standorte nannte Androsch das Heeresgeschichtliche Museum (HGM), die ehemalige
Staatsdruckerei in der Wollzeile oder das Künstlerhaus am Karlsplatz. Für
Androsch wäre auch ein Neubau möglich.
APA0373 2005-12-13/13:39
14.12.05
Markus Fauland:
"Nationalmuseum kein geeigneter Ersatz für Heeresgeschichtliches
Museum"
Wien (OTS) - "Es gibt nichts gegen ein Projekt "Nationalmuseum"
einzuwenden, aber auf keinen Fall soll es das Heeresgeschichtliche Museum ablösen",
sagte heute der Abgeordnete des Freiheitlichen Parlamentsklubs Markus Fauland
(BZÖ) über diesbezügliche Äußerungen von Bundeskanzler Schüssel.
Hier gehe es ja um so etwas wie eine
Mischung aus einem "Haus der Geschichte" und einem klassischen
"Nationalgeschichtsmuseum". "So ein Projekt kann wohl kaum das
Heeresgeschichtliche Museum mit seinen umfassenden Sammlungen ersetzen",
sagte Fauland. "Hätten Grasser und Bartenstein das Arsenal nicht unüberlegt
verkauft, dann würde das Heeresgeschichtliche Museum nicht aus allen Nähten
platzen und es würde sich auf dem weiträumigen Gelände auch sicherlich ein
geeigneter Platz für ein Nationalmuseum finden lassen", so Fauland weiter.
Die Platzsituation sei so dramatisch, dass bis vor kurzem noch Kanonen aus den
Napoleonischen Kriegen in den Kellern des HGM verschimmelt seien. Die
Reduzierung der Budgetmittel für das Boltzmann-Institut für
Kriegsfolgen-Forschung lässt deren Leiter Stefan Karner zwar verständlicherweise
nach neuen Aufgaben suchen, für ihn das Heersgeschichtliche Museum zu opfern,
kommt aber auf keinen Fall in Frage", so Fauland abschließend.
Rückfragehinweis:
Pressereferat Freiheitlicher Parlamentsklub
Streitobjekt
Heeresgeschichtliches Museum im Wiener Arsenal: Die ÖVP könnte sich eine Umwandlung
in ein neues Nationalmuseum vorstellen, das
BZÖ nicht. Erweitert müssten die 7500-m2-Räume jedenfalls
werden.
Koalition über Standort und Machart uneins, Kritik von SPÖ
Wien
- Die Debatte über die Schaffung eines Nationalmuseums sorgt für Verstimmung
in der Koalition. Das BZÖ wandte sich am Mittwoch gegen die von Kanzler Wolfgang
Schüssel angedachte Variante, ein Museum österreichischer Zeitgeschichte
an das Heeresgeschichtlichen Museums (HGM) im Wiener Arsenal anzugliedern.
Es
gibt nichts gegen ein Projekt „Nationalmuseum einzuwenden, aber auf keinen
Fall soll es das Heeresgeschichtliche Museum ablösen", meinte BZÖ-Abgeordneter
Markus Fauland. Klubobmann Herbert Scheibner galt schon zu seiner
Zeit als Verteidigungsminister als Skeptiker solcher Pläne. Der Hintergrund:
Die Orangen argwöhnen, dass das neue Museum vor allem dem Grazer Historiker
Stefan Karner zugute kommen soll, Der Kanzler-Vertraute, der bereits 1998 eine
Historiker-Denkwerkstatt zu einem „Haus der Geschichte der Republik Österreich"
leitete, sei als Museumsleiter im Gespräch. Dazu Karner auf Anfrage des
Standard knapp: „Ich hab das in Ihrer Zeitung gelesen."
Aus
der Zeitung hat auch HGM-Vize-Chef Christian Ortner von den Plänen
Schussels erfahren. „Insofern war das irritierend", sagt er. Das HGM ist
auch jetzt schon im Umbruch: Gerade wird ein neues Gesamtkonzept erarbeitet.
Die
Zweite Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) warnt vor allem
vor einer Vermischung der Begriffe: „Ein österreichisches
Zeitgeschichtemuseum wäre wichtig, aber auf keinen Fall darf man das Projekt
„Haus der Geschichte" nennen." Diese Bezeichnung sei vom Gründer
des Jewish Welcome Service, Leon Zelman, geprägt worden. „Zelman
wollte ein Holocaust-Museum, das, was jetzt geplant wird, ist etwas völlig
anderes." (pm, tö)