Im Museum fehlt die Zweite Republik noch

Historische Darstellungen enden mit dem Zweiten Weltkrieg                                              Startseite

von W. Theuretsbacher

Tausende Österreicher pilgern heute am Nationalfeiertag in die Museen. Alles gibt es zu sehen – vom Saurier bis zum Teddybären. Nur die Geschichte der Zweiten Republik bleibt den Besuchern verborgen. Dafür wurde noch kein Platz gefunden.
Einer, der das ändern möchte, ist Manfried Rauchensteiner, Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums (HGM) im Wiener Arsenal. In fünf großen Abschnitten wird die Geschichte der Habsburgermonarchie vom Ende des 16. Jahrhunderts bis 1918 dargestellt.
Rauchensteiner gelang es, die Ausstellung mit bemerkenswerten Exponaten bis zum Jahre 1945 zu erweitern. Doch wie geht es weiter? Schon unmittelbar nach Kriegsende hatte Karl Renner den Auftrag gegeben, Exponate zu sammeln. Doch dafür war die Zeit nicht reif. Einige Kisten aus Renners Sammlung wurden erst vor wenigen Jahren in einem Keller in Eisenstadt entdeckt.
Zur Präsentation würde auch der Platz fehlen. Im Arsenal gibt es ein 200 Meter langes dreistöckiges Objekt, das als Lagerhalle dient. Hier hätte Rauchensteiner gerne die Zweite Republik untergebracht. Gleichzeitig werden aber auch Pläne für ein „Haus der Geschichte“ gewälzt (siehe unten).

EXPONATE VERLOREN
Die zuständigen Minister reagierten stets freundlich auf Rauchensteiners Aktivitäten, der seit Mitte der 90er-Jahre an der Revitalisierung der Halle arbeitet. Doch das zugesagte Geld wurde nie überwiesen. Inzwischen sind die Baugenehmigungen wieder erloschen. Auch von der Museumsmilliarde hat das HGM bisher keinen Cent gesehen.
Über die Gestaltung der Halle muss Rauchensteiner nicht lange nachdenken. Da wären etwa die dramatischen Ereignisse der Ungarnkrise 1956 und CSSR-Invasion 1968. Natürlich darf der Eiserne Vorhang nicht fehlen. Es geht auch um die Darstellung des Lebensgefühls, als Autos populär wurden. Oder als Coca-Cola nach Österreich kam. Oder um herausragende Persönlichkeiten, etwa Kreisky.
Ein Beispiel bot die Sonderausstellung „Eiserner Vorhang“. Mit Exponaten, die wieder an ihre Eigentümer zurückgegeben werden mussten, weil es keinen offiziellen Sammelauftrag gibt (wie etwa einen Wachturm vom Eisernen Vorhang). Rauchensteiner: „Dabei müssten wir uns heute schon dringend fragen, was heben wir auf, dass unsere Zeit später noch verständlich wird?“
Experten befürchten, dass nachfolgende Generationen die Exponate der Zweiten Republik in Auktionshäusern zusammen suchen müssen.

www.bundesheer.at/hgm

Kurier | 26.10.2003 | Seite 9

Streit über „Haus der Geschichte“

Ein neuer Anlauf soll die Pläne für ein „Haus der Geschichte“ Wirklichkeit werden lassen. Nationalratspräsident Andreas Khol führt Gespräche mit Bürgermeister Michael Häupl über ein für alle Parteien akzeptables Konzept. Khol rechnet damit, dass „in etwa vier Wochen“ ein Ergebnis vorliegen könnte.
In den vergangenen Jahren war die Diskussion über das Haus als Museum und Forschungsstätte über die Zweite Republik in einen taktischen Schlagabtausch ausgeartet. Die Wiener SPÖ hat den Vorschlag von Leon Zelman, im Palais Epstein ein „Haus der Geschichte“ einzurichten, unterstützt. Doch selbst in der Bundes-SP hielt sich die Begeisterung in Grenzen. Zumal das Parlament das Epstein selbst nutzen will.
Danach gab es den Vorschlag, das Haus der Geschichte am Morzinplatz einzurichten, wo einst das Hauptquartier der Gestapo stand. Das lehnte Häupl ab.
Mittlerweile hat man sich geeinigt, dass zuerst ein Konzept erstellt und danach ein Standort gesucht wird.

Kurier | 26.10.2003 | Seite 9

Nationalfeiertag für Museumsbesuch nützen

56 Mamorstatuen der berühmtesten österreichischen Feldherren empfangen den Besucher des Heeresgeschichtlichen Museums. Wendet man sich nach links, erzählt die Sonderausstellung „Die Wildgänse“ vom Dienst irischer Soldaten für die Habsburger. Im Obergeschoß kommt man in die Ruhmeshalle. An den Wänden erinnern Gemälde an Kriege und Schlachten aus längst vergangenen Zeiten. Zahlreiche Exponate legen eindrucksvoll Zeugnis von der Geschichte ab.
Am Nationalfeiertag ist das Heeresgeschichtliche Museum von 9 bis 17 Uhr geöffnet – der Tag eignet sich generell für Museumsbesuche.
INFO
Museen am Nationalfeiertag: Im Kunsthistorischen Museum sehen Interessierte die „Francis-Bacon-Ausstellung“ zum halben Preis (5 €, Studenten 3,25 €).
Der Rest des Haupthauses sowie das Museum für Völkerkunde (Hofburg), das Theatermuseum (1., Lobkowitzplatz 2), die Schatzkammer, die Neue Burg, das Lipizzanermuseum (1., Reitschulgasse 2) und die Wagenburg (Schönbrunn) sind gratis zu besichtigen.
Im Technischen Museum ist der Eintritt am Nationalfeiertag um 20 Prozent billiger. Ebenfalls gratis können das Naturhistorische Museum und das Museum für Angewandte Kunst besucht werden.

Kurier | 26.10.2003 | Seite 9