Bundespräsident Heinz Fischer im STANDARD- Interview über sein Unbehagen mit den ÖVP-Plänen zum "Haus der Geschichte" und den kommenden Wahlkampf  (4.3.2006

STANDARD: Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hat zwei seiner Minister mit der Planung für ein Haus der österreichischen Zeitgeschichte beauftragt. Was halten Sie von dieser Initiative? 

Fischer: Die Bemühungen, ein Haus der Geschichte einzurichten, sind viele Jahre alt. Ich habe auch in meiner Neujahrsansprache dieses Thema angeschnitten. Im Jänner hat mir der Bundeskanzler gesagt, dass die Ressortminister Gehrer und Platter an Überlegungen dafür arbeiten, er mich zeitgerecht darüber informieren wird und endgültige Entscheidungen noch nicht getroffen wurden. 

STANDARD: Und hat er Sie inzwischen informiert?

Fischer: Noch nicht. Ich glaube, das wird in den nächsten Wochen stattfinden. Ich glaube, da ist eine Äußerung über einen möglichen Standort gemacht worden, nämlich beim Heeresgeschichtlichen Museum, aber die inhaltliche Konzeption wird unter Einbindung von Wissenschaftern auf einer möglichst breiten politischen Basis zu diskutieren sein.

STANDARD: Ist dieser Standort im Arsenal, im dritten Wiener Bezirk in der Nähe des Südbahnhofs, ideal?

Fischer: Mehrere Standorte sind denkbar, ich schließe keinen aus. Manche sprechen auch vom Karlsplatz als denkbaren Standort. Das kann man nicht isoliert von der Frage der inhaltlichen Gestaltung entscheiden. Jetzt liegt ein Vorschlag auf dem Tisch, die Endentscheidung steht noch aus.

STANDARD: Derzeit gibt es Kritik, unter anderem von den Initiatoren der Belvedere-Jubiläumsausstellung, dass das Projekt von der ÖVP dominiert ist.

Fischer: Man sollte ganz deutlich demonstrieren und sicherstellen, dass es als absolut überparteiliches und objektives Projekt geplant ist - unabhängig von Legislaturperioden und Regierungen. Es hat mehrere Projekte in letzter Zeit gegeben, bei denen es außer Streit stand, dass sie überparteilich und objektiv sind: Historikerkommission, Nationalfonds für NS-Opfer, Entschädigungsfonds für Zwangsarbeiter. Inhaltlich ist das nicht vergleichbar, aber bei einem Haus der Zeitgeschichte muss in gleicher Form und Weise dokumentiert sein, dass es kein Parteiprojekt, sondern ein Republiksprojekt ist.

STANDARD: Diese Institutionen sind dem Präsidium des Nationalrats unterstellt. Soll auch das Haus der Geschichte dort landen?

Fischer: Das ist sicher ein denkbarer Weg, weil er an gute Erfahrungen anknüpft. Aber ich will kein Namedropping machen. Mein Grundsatz ist: Ja zum Museum, Ja zur einer bestmöglichen wissenschaftlichen Erarbeitung und Ja zur Vermeidung parteipolitischer Einseitigkeit. Das wird ein Projekt für die nächsten Jahrzehnte sein - und nicht für die Zeit bis zur Wahl.

STANDARD: Zeitgeschichte ist ein dehnbarer Begriff. Wo soll so ein Museum beginnen?

Fischer: Niemand soll sagen, der Bundespräsident hat inhaltliche Vorgaben gemacht. Persönlich meine ich aber, dass man mit der Gründung der Republik samt Vorgeschichte einsetzen müsste. Das 20. Jahrhundert müsste voll abgedeckt sein.

STANDARD: In anderen Ländern heißen vergleichbare Häuser Nationalmuseum. Ist das auch für Österreich passend?

Fischer: Wir können nicht bei den Markomannen oder Babenbergern beginnen. Insofern trifft der Arbeitstitel "Haus der Zeitgeschichte" das, was geplant ist.

STANDARD: Ihre Amtszeit geht weit über die aktuelle Legislaturperiode hinaus. Verstehen Sie sich als Garant für dieses Museumsprojekt?

Fischer: Es liegt mir am Herzen, und das wird auch über das Ende dieser Legislaturperiode so bleiben. Ich kann garantieren, dass ich, wie immer die nächste Regierung zusammengesetzt sein wird, die gleichen Prinzipien vertreten werde.