"Haus
der Geschichte": Historikerbeirat für Zeitgeschichtemuseum Unzufrieden
mit den Planungen rund um die Errichtung eines "Hauses der
Geschichte" zeigen sich österreichische Zeithistoriker. In einem
Offenen Brief forderten sie die Bundesregierung am Freitag zu einer
Vorgangsweise wie bei der Historikerkommission auf, die zwischen 1998 und
2003 über Vermögensraub der Nationalsozialisten und Entschädigungen
durch die Republik geforscht hat. Für die Vorbereitungsarbeiten zu einem "Haus der Geschichte" wurde zuletzt von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer und Verteidigungsminister Günther Platter (beide V) eine fünfköpfige Arbeitsgruppe eingerichtet, die vom früheren Direktor der Museen der Stadt Wien, Günter Düriegl, geleitet wird. Forderung Die
Zeithistoriker zeigen sich damit unzufrieden und sehen ihre Fachkompetenz
ignoriert. Um ein derartiges Konzept eines "Hauses der
Geschichte" öffentlich entwickeln und auch in demokratischer Form
entscheiden zu können, sei analog zur Vorgangsweise bei der
Historikerkommission die unabhängige Nominierung von Zeithistorikern und
Museologen für einen entsprechenden wissenschaftlichen Beirat durch die
Vertreter der zeitgeschichtlichen Institute zu ermöglichen. Erst
dadurch sei eine fachlich fundierte Entwicklung und öffentlich
nachvollziehbare Planung eines derartigen, für ganz Österreich
relevanten und repräsentativen Projektes gewährleistet, heißt es im
Offenen Brief der zeitgeschichtlichen Institute und Abteilungen an Österreichs
Universitäten. Vorgeschlagen wird konkret: Nach einer Meinungsbildung der
fachspezifischen Institute und Abteilungen sollen die Vertreter der
Historiker nominiert und von der Bundesregierung bestätigt werden. Grüne: Unnötig Die
Grünen finden das geplante Haus der Geschichte unnötig und fordern einen
Verzicht auf das geplante Museum der Republik. Stattdessen würde Grünen-Kultursprecher
Wolfgang Zinggl das Geld in die Förderung eines breiteren historischen
Diskurses investieren - also etwa in Dokumentationen, Filme, Lehrbücher,
aber auch verschiedene andere Ausstellungen und Museen wie das jüdische
Museum oder das Wien Museum. Der Staat
dürfe in der Zeitgeschichte nicht eine "nationale Erzählung
konstruieren", fordert Zinggl. Nötig sei eine Vielfalt von
unterschiedlichen Initiativen, anstatt des Versuches, über die
Darstellung berühmter politischer Ikonen in einem staatlichen Museum
einen "nationalen Schulterschluss" zu konstruieren. "Es ist
zu befürchten, dass diese Art von Geschichtsbild wie in einer Tiefkühltruhe
eingefroren werden soll", befürchtet der Grün-Politiker. "Versorgungsposten?" Grundsätzlich vermutet Zinggl hinter den Museums-Plänen aber auch ganz profane Gründe, nämlich einen Versorgungsposten für den als möglicher Museums-Direktor gehandelten Grazer Historiker Stefan Karner. "In Wahrheit geht es darum, dass für einen Freund von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, Stefan Karner, ein Haus gebaut wird", meint Zinggl und ätzt über einen "Karner (Beinhaus, Anm.) der Geschichte", der da errichtet werden solle. Auch die vom Wiener Günter Düriegl geleitete Expertengruppe, die bis Ende Mai Vorbereitungsarbeiten durchführen soll, lehnt der Grüne Kultursprecher ab: In der fünfköpfigen Gruppe gebe es keinen einzigen Zeithistoriker. Und bis auf den SP-nahen Düriegl gebe es darin fast nur ÖVP-nahe Experten. "Es wird im Vorfeld schon eine ideologische Ausrichtung deutlich", kritisiert Zinggl. (APA) 29. März 2006
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