Memorandum zum Thema "Haus der Geschichte" Startseite
So sehr es notwendig ist, vorauszublicken und alle Maßnahmen zu ergreifen, die der
Bewältigung der Zukunft dienen, so wichtig ist es, auf breiter Basis eine möglichst
vorurteilslose Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte zu führen - gerade im
Zeitalter der Globalisierung. Österreich, das im Verlauf der letzten beiden Jahrhunderte
ein sehr wechselvolles, von zahlreichen Bruchlinien durchzogenes politisches Schicksal
hatte, braucht noch mehr als andere Nationen eine für Jung und Alt verständliche
Manifestation seiner eigenen Vergangenheit - eine Darstellung seiner Zeitgeschichte
weder im Sinne nostalgischer Verklärung noch in der Form ständiger Selbstbezichtigung.
Neben der verdienstvollen, wenn auch langwierigen Arbeit von Historikerkommissionen,
der Ausrufung von "Bedenkjahren" (1988, 1996, geplante Staatsvertragsausstellung 2005)
sowie der laufenden Bemühungen im Schulunterricht und in der Volksbildung, ist es doch
an der Zeit, die relevanten Perioden der Vergangenheit in einem eigenen "Haus der
Geschichte" sichtbar und begreifbar (d.i. "begehbar", "hörbar" und "greifbar") zu machen.
Es ist von großer Bedeutung, dass der neugewählte Erste Präsident des Österreichischen
Nationalrates, Andreas Khol, dieses Anliegen zu dem seinen gemacht hat.
Die folgenden Überlegungen sind als Denkanstöße gedacht:
a) Wesentlich ist nicht, wo das Haus der Geschichte gebaut wird, wesentlich ist, dass
es gebaut wird und zwar so bald wie möglich.
b) Wichtiger als die Bezeichnung ("Haus der Geschichte" hat sich mittlerweile als Arbeitstitel
eingebürgert) ist die Aufgabenstellung.
c) Die für das Verständnis der Entwicklung unseres gegenwärtigen Staatswesens, der
Republik Österreich, entscheidende Periode reicht aus geistesgeschichtlichen Gründen
in das 19. Jahrhundert zurück, das daher nicht ausgeklammert werden darf.
d) Die Errichtung eines Hauses der Geschichte ist an erster Stelle nicht eine architektonische
Aufgabe, sondern eine staatspolitische, geschichtswissenschaftliche und - vor allem -
eine museumspädagogische.
e) In politischer Hinsicht erfordert der Plan das Zusammenwirken aller relevanten
gesellschaftlichen Kräfte (Bund, Länder, Parteien, Verbände, Religionsgemeinschaften).
Das Projekt verlangt Verständnis für emotionale Reste früherer Verwundungen,
weltanschauliche Toleranz und das Bemühen um ein möglichst hohes Maß an
Vollständigkeit und Objektivität. Aus diesen Gründen dürfen vorbereitende Gremien
keine einseitige politische Zusammensetzung aufweisen.
f) Museumspädagogik und -management sind anerkannte Fachgebiete, die von Beginn
an zur Beratung repräsentiert sein sollten. Dabei ist auf ausgewiesene österreichische
Experten ebenso wie auf internationale Erfahrungen ("best practice") zurückzugreifen.
Allgemeine Konzepte wie etwa die gerne verwendete These von der "digitalen Vernetzung
des zeitgeschichtlichen Wissens" etc. genügen dabei nicht.
-> Sabine Fuchs, Musealisierung der Österreichischen Geschichte nach 1945,
Dr. Winfried-Haslauer-Bibliothek, Salzburg, 1999
g) Vertreter des Faches Zeitgeschichte sind zum geeigneten Zeitpunkt und in geeigneter
Weise einzubeziehen.
h) Die Finanzierung muss schrittweise gesichert werden. Am ehesten empfiehlt sich eine
Public-Private Partnership (PPP), in der nicht nur der Bund, sondern auch die Länder,
vor allem Wien, mitzuwirken haben.
i) Es ist so bald wie möglich eine angemessenere Vorbereitungsstruktur zu schaffen,
die eine fachlich fundierte, überparteiliche und initiative Vorgangsweise sicherstellt.
Die Kompetenzen des Vorbereitungsgremiums könnten bis zur Ausschreibung von
Ideenwettbewerben erweitert werden.
21.03.2003 Trautl Brandstaller/Peter Diem
Vgl.: Regierungsprogramm und Regierungserklärung 2003-2006 Startseite
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